Von Zivilcourage und kleinen Schritten
Aber muss es eigentlich immer gleich das ganz große Engagement sein? Haben nicht auch die "ganz Großen" mal ganz klein angefangen? Und ist es nicht auch schon eine Heldentat, wenn eine Person in einer alltäglichen Situation für Gerechtigkeit einsteht und Zivilcourage zeigt - zum Beispiel in der Schule?
Mobbing - wenn Zivilcourage versagt
Kinderrechtsverletzungen gibt es nicht nur in fernen Ländern. Sie treten auch in Deutschland jeden Tag hundertausendfach auf. Die Opfer sind Kinder und Jugendliche, die Täter auch. Die Rede ist hier von Mobbing an Schulen. Beim Mobbing geht es nicht um harmlose Streitereien zwischen Schüler(inne)n, sondern um eine Form von Gewalt. Sie richtet sich gegen eine Person mit dem Ziel, sie sozial auszugrenzen und dabei sogar seelisch oder körperlich zu verletzen. Möglich wird Mobbing vor allem dort, wo zivilcouragiertes Handeln - aus welchen Gründen auch immer - nicht gelebt wird.
Zum Mobbingopfer wird man nicht aus eigener Schuld, man wird dazu gemacht!youngcaritas Deutschland, T. Heink
Was es bedeutet, gemobbt zu werden, weiß Adrian (16) zu berichten:
"Mit dem Wechsel auf das Gymnasium fing alles an. Ein paar Jungs auf meiner neuen Schule ließen immer wieder dumme Sprüche über meine Klamotten ab. Aber je mehr ich mich wehrte, umso öfter ärgerten sie mich: Zuerst waren es nur verbale Attacken, dann machten sie meine Sachen kaputt. Am Ende schlugen sie mich sogar. Nirgendwo war ich vor den Übergriffen sicher. Wieso wollte mir keiner helfen? Die meisten meiner Mitschüler(innen) schauten einfach weg. Ich versuchte gar nicht erst, Hilfe bei meiner Mutter zu suchen. Sie erfuhr erst von meinen Problemen, als ich mit einem blauen Auge und einer aufgeplatzten Lippe nach Hause kam."
Wie funktioniert Cybermobbing?
Beim Mobbing unterscheidet man zwischen Cybermobbing, das mithilfe von Medien wie Internet, vor allem im Bereich der sozialen Medien, oder Handy stattfindet, und direktem Mobbing, das im "realen" Leben stattfindet. Beim Cybermobbing glauben Täter(innen) fälschlicherweise, dass sie unerkannt bleiben können und für ihre Gemeinheiten nicht zur Verantwortung gezogen werden. Den wenigsten Schüler(inne)n ist bewusst, dass sie eine Straftat begehen und juristisch belangt werden können.
Mobbing - ein grausames Schauspiel!
Vergleichbar mit den Schauspieler(inne)n in einem Theaterstück, haben Personen in Mobbing-Situationen unterschiedliche Rollen: Bei den Täter(inne)n handelt es sich in der Regel um eine(n) Chef(in) und zwei Assistent(inn)en. Ihr Ziel: Macht demonstrieren und einschüchtern. Und das wiederholt und über einen längeren Zeitraum hinweg. Die potenziellen Verteidiger(innen) können den/die Gemobbten spontan unterstützen. Die Rolle des/der Gemobbten kann jede(r) ungewollt einnehmen. Es kann schon ausreichen, dass jemand ungewöhnliche Kleider trägt, eine andere Hautfarbe hat, schüchtern ist etc. Der/die Gemobbte hat Angst vor den Täter(inne)n, leidet aber auch unter den indirekten Folgen, wie Konzentrationsproblemen im Unterricht. Zuletzt gibt es noch die Verstärker(innen), die die Täter(innen) durch positive Aufmerksamkeit bestärken sowie die Außenstehenden, die die Situation einfach ignorieren.
Und wenn ich selbst mobbe?
Wer selbst mobbt, muss sich klarmachen, dass Mobbing keine Lappalie ist. Für die betroffene Person kann Mobbing zu ernsthaften und folgenreichen Problemen führen, die von gesundheitlichen Beeinträchtigungen, schlechten Noten über Depressionen bis hin zu Selbstmordgedanken reichen können. Mobbende müssen sich fragen, warum sie sich gegen Schwächere wenden. Die gemobbte Person hat Rechte, die die Täter(innen) nicht aus Spaß übergehen dürfen.
Was kann ich gegen Mobbing an meiner Schule tun?
Manche Beobachter(innen) finden Mobbing unterhaltsam, andere würden den Opfern gerne helfen, wissen aber nicht so recht wie oder trauen sich nicht. Mobbing ist ein schleichender Prozess und beginnt oftmals mit Beleidigungen und vermeintlich harmlosen Hänseleien.
Wie man sich außerdem gegen Cybermobbing wehren kann, könnt ihr in der Broschüre des Bremer Jugendbüros nachlesen: www.youngcaritas.de/cybermobbingyoungcaritas Deutschland, M. Bross
Die Täter(innen) testen mit diesen Gemeinheiten, wer ein potenzielles Opfer sein könnte. Duldet das Umfeld dieses Verhalten, so setzt es sich weiter fort und wird dabei immer aggressiver. Wenn Respektlosigkeiten von Anfang nicht geduldet werden, können Gewalt und Aggression eingedämmt werden. Eine weitere wirksame Maßnahme gegen Mobbing ist zum Beispiel, die gemobbte Person zu ermutigen, sich Vertrauenspersonen, wie Sozialarbeiter(inne)n, Eltern und Lehrer(inne)n anzuvertrauen. Da Übergriffe auf Mobbing-Opfer häufig in unbeaufsichtigten Situationen passieren, können hier vor allem Mitschüler(innen) schützend einschreiten. Im Fall von gewalttätigen Übergriffen sollten die Schüler(innen) zu ihrem eigenen Schutz auf ein Eingreifen verzichten und stattdessen eine Lehrkraft informieren.
Keine Frage - für andere einzustehen, erfordert Mut, manchmal auch Heldenmut. Wer diesen aufbringt, darf sich selbst zu den Alltagsheld(inn)en zählen, die nicht nur Verantwortung für ihre Mitmenschen übernehmen, sondern durch ihre Zivilcourage zu mehr Gerechtigkeit in ihrem eigenen Umfeld beitragen.