„Das können wir nur gemeinsam stemmen!“
Hinten links: Thomas Jäger, Caritasdirektor Georg Diederich, Daniel Bolun, Stella Dietrich; vorne linkes Caritasdirektor Pascal Thümling, Angelika Ernst-Auer Ursula Perkoulidis, Caritasverband Worms e. V.
"Wohnungsnot ist ein so immens wichtiges Thema", so Caritasdirektor Pascal Thümling, "dafür brauchen wir jede Aufmerksamkeit!" Sprach's und stieg schnurstracks in die Badewanne - mitten in der Stadt. Mit Wanne und Wohnzimmer auf dem Parmaplatz machten Caritasverband und youngcaritas am Vormittag des 23.4. darauf aufmerksam, dass es für viele Menschen auch hier schwer oder unmöglich ist, bezahlbaren Wohnraum zu finden.
Hinter der Statistik: Verzweiflung bei Betroffenen
Das zeigen alarmierende Zahlen, über die gerade in jüngster Zeit die lokale Presse berichtete. Und das zeigte auch die persönliche Umfrage von Stella Dietrich und Daniel Bulun von youngcaritas an diesem Morgen: Über die Hälfte der ca. 40 Befragten, alles Mieter, sind unzufrieden mit ihrer Wohnsituation. Im Durchschnitt brauchen sie gut 40% ihres Einkommens für die Miete - "das heißt," so Daniel Bulun, "bei manchen sind es eben auch 50% oder sogar 60%." Vielen, gerade Familien, fehle es deutlich an Platz und manche, so Stella Dietrich, "suchen Monate und Jahre nach einer Wohnung, das zeigen auch unsere vielen Kontakte auf facebook." In der Pressekonferenz am Nachmittag berichtet sie über verzweifelte Menschen, die keine für sie bezahlbaren Wohnungen finden. Gerade Familien mit Kindern und Alleinerziehende seien davon massiv betroffen. "Oft haben mich die Äußerungen richtig bedrückt." Daniel Bulun: "Heute morgen haben uns Menschen erzählt, dass sie bei Vermietern keine Chance haben, sobald bekannt ist, dass sie bei der Miete Unterstützung vom Jobcenter brauchen."
Petra Steinbrede und Tanja Sperling, Caritasmitarbeiterinnen im Bereich der Allgemeinen Lebens- und Schwangerschaftsberatung, begegnet das Thema fast täglich: Mehrköpfige Familien müssten in einem einzigen Zimmer zusammenleben. Schwangere Frauen, junge Familien und Alleinerziehende suchten lange vergeblich. Und in Frauenhäusern gebe es keinen Platz mehr für akut bedrohte Frauen, weil die dort lebenden kein anderes zu Hause finden.
"Das Problem ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen."
Dass es die Schwächsten in der Gesellschaft so massiv trifft, weise, so Pascal Thümling, auf ein noch weiter reichendes Problem hin: Längst sei die Knappheit auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das zeige sich bundesweit - wie in einer aktuellen Studie des Deutschen Caritasverbandes "Menschenrecht auf Wohnen". Und eben auch in Worms.
Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der auch der Caritasverband mitwirkt
Die Problembeschreibung könnte noch lange weitergehen. Aber was tun? Caritasdirektor Diederich: "Natürlich sind da wichtige politische Entscheidungen gefordert - etwa mehr Geld für sozialen Wohnungsbau von Land und Bund. Die Kommunen dürfen da nicht alleine gelassen werden. Aber alle in der Gesellschaft müssen einen Beitrag leisten. Und auch wir als Caritsverband können und wollen das."
So unterstütze der Caritasverband besonders schutzbedürftige Menschen ganz konkret. Mit dem Gesundheitsladen und sozialer Beratung sei man auch für obdachlose Menschen da. Man gebe psychisch kranken Menschen im Haus Jona ein zu Hause und schaffe Wohnungen und Wohngemeinschaften für Seniorinnen und Senioren wie im Wormser Wolfsgraben oder in Worms Abenheim.
Konkrete Vorschläge zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Worms
Mit der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtsverbände Worms (AGW), deren Vorsitz man 2018 habe, so Georg Diederich, "haben wir wichtige Impulse gegeben und im Auftrag des Sozialausschusses und für ihn eine Erklärung zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Worms entworfen." Darin habe man auch Positionen der bundesweiten Caritas-Kampagne 2018 "Jeder Mensch braucht ein Zuhause" für Worms konkretisiert. Pascal Thümling: "Bei uns gibt es durchaus noch für Wohnraum nutzbare freie Flächen, mehr als etwa in Mainz oder Ludwigshafen. Zum Beispiel am alten Schlachthof, auf dem Bahngelände an der Alzeyer Straße - oder auch das ehemalige Gesundheitsamt." Die Stadt, so Georg Diederich, könne mit Hilfe eines günstigen Erbpachtzinses für Investoren auch die Schaffung von preiswertem Wohnraum gezielt fördern.
Eigeninitiativen von Bürgerinnen und Bürgern zur Schaffung von Wohnraum könne man finanziell und durch Beratung zu stärken. "Gemeinsam Aktiv" z.B., eine Gruppe von Menschen über 50, die sich regelmäßig im Caritas Haus St. Vinzenz trifft, habe hierzu bereits Ideen entwickelt, so erläuterte deren Vertreterin Ingeborg Ballaire bei der Pressekonferenz. Auch praktische Tauschmöglichkeiten, so Thümling, könne man z.B. zwischen SeniorInnen und jungen Familien schaffen, wofür es in anderen Städten bereits erfolgreiche Beispiele gebe.
"Wir brauchen ein Forum."
"Wir brauchen hier in Worms ein Forum," so Georg Diederich, "in dem viele Akteure gemeinsam und konstruktiv an dem Thema arbeiten. Auch, um das Bewusstsein für gemeinschaftliche Interessen und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken." Er hoffe sehr, so fügte er hinzu, das dieser Aktionstag dazu einen Beitrag leiste.
Informationen zur Jahreskampagne des Deutschen Caritasverbandes unter: www.zuhause-fuer-jeden.de/
Autor/in: Patricia Mangelsdorff
Der Originalartikel ist auf der Seite der Caritas Worms erschienen.